Miriam-Mirza
Proben für den Ernstfall - virtuelles OP-Training
Notfälle in Echtzeit simulieren
Was für Piloten gut ist, ist auch für Chirurgen nicht verkehrt. Seit Jahren sind erstere verpflichtet, eine gewisse Anzahl von Stunden in einem Simulator zu trainieren, um im Fall der Fälle gefährliche oder schwierige Situationen besser meistern zu können. Auch für Chirurgen ist dies in Zukunft denkbar. Ursprünglich in den USA entwickelt, haben spezielle Simulatorgeräte für OP-Teams nun auch ihren Weg nach Deutschland gefunden. So hat etwa das Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen unlängst mit einem Echtzeit-Simulatortraining für Herzchirurgen begonnen.
Das Gerät arbeitet mit einer Software, die medizinische und technische Daten der Anästhesie und Kardiotechnik während eines herzchirurgischen Eingriffs erfasst. Trainiert wird in einem realistischen Szenario: Die Operateure arbeiten an einem Patienten-Dummy mit offenem Brustkorb, der an alle notwendigen Überwachungsgeräte und die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen ist. Über ein Regiepult können damit Ereignisse - auch kritische - in einem OP-Saal nachgestellt werden.
Realitätsnah und standardisiert
Die Simulatoren können in den unterschiedlichsten Bereichen der Medizin eingesetzt werden. Wissenschaftler der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig haben den Simulator RealSpine entwickelt. Neben Bandscheiben-OPs können daran auch Operationen des Wirbelkanals trainiert werden. Dazu bildeten die Forscher auf der Grundlage echter Patientendaten eine sogenannte Spinalkanalstenose – d.h. einen schmerzhaft verengten Wirbelkanal – aus künstlichem Gewebe, Blut und Knochen nach.
Die Simulationen haben viele Vorteile: Sie werden immer realitätsnaher und können leicht standardisiert werden. Außerdem sind sie ohne hygienische oder örtliche Auflagen durchführbar. Zuvor waren Ärzte auf menschliche oder tierische Präparate angewiesen, wenn sie minimalinvasive Eingriffe üben wollten.
Unterstützung bei der Ausbildung des Nachwuchses
Der Einsatz von Simulationsgeräten wird in Zukunft zunehmen, da sind sich Experten sicher. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Universität Mainz bei der Ausbildung des chirurgischen Nachwuchses seit dem Wintersemester 2016/2017 auf einen Simulator für roboterassistierte Chirurgie setzt. Die Studenten sehen beispielsweise auf einem Bildschirm reale Filmaufnahmen einer Darmoperation, während eine Stimme aus dem Off jeden einzelnen Handgriff erläutert. Über die realen Instrumente werden die virtuellen eingeblendet. Die Studenten sind aufgefordert, in den Tiefen des virtuellen Raums die angezeigten Zielmarken auf dem Bild zu erreichen und wie optisch aufgefordert zu handeln.
In der Zukunft wollen die Verantwortlichen den Simulator als Bestandteil eines neuen roboterchirurgischen Curriculums auch für die Weiterbildung von Assistenzärzten der chirurgischen Disziplinen einsetzen. Darüber hinaus erhalten Fachärzte, etwa aus den Bereichen Allgemeinchirurgie, Kinderchirurgie, Gynäkologie und Urologie, Zugang zum neuen Simulator. Denn Studien haben gezeigt, dass ein regelmäßiges Simulatortraining wie eine Art Aufwärmtraining die operativen Fähigkeiten eines Chirurgen am Patienten optimieren kann. Der Nutzen dieser Technik steht klar im Vordergrund und könnte noch zahlreiche weitere Institutionen dazu bewegen, sich solche Geräte anzuschaffen.

Über den Autor
Das NEXUS / MARABU Redaktionsteam besteht aus Mitarbeitern verschiedener Fachabteilungen, die ihren Erfahrungsschatz sowie interessante News und Links zu Branchenthemen abwechselnd in unserem Magazin veröffentlichen.
