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Krankenhausplanung 2.0 – Worauf müssen sich Krankenhäuser einstellen?

Zum Jahresende hatte das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen sein Gutachten zur Reform der Krankenhausstrukturen vorgestellt, das der Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) in Auftrag gegeben hatte. Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek fasste auf einer Pressekonferenz in Berlin das Ergebnis wie folgt zusammen: „Qualität und Erreichbarkeit von Krankenhäusern müssen im Mittelpunkt einer Krankenhausplanung der Zukunft stehen.“ Das RWI gibt in seinem Gutachten Empfehlungen, wie eine solche Neuausrichtung der Krankenhausplanung erreicht werden kann. Wir haben daraus abgeleitet einmal zusammengetragen, was das aus unserer Sicht für die Krankenhäuser bedeutet und wie sie sich auf die Veränderungen vorbereiten können.

Wirtschaftlichkeit verbessern

Als eine der Hauptursachen für die dringend notwendige Modernisierung der Krankenhausplanung nennt das RWI die wirtschaftlich schlechte Lage der Krankenhäuser. Aufgrund des Mangels an Investitionsmitteln leben die Krankenhäuser bereits lange von ihrer Substanz, so dass allein in 2012 über 35 Prozent einen Jahresverlust auf Konzernebene einfuhren und rund 44 Prozent nicht ausreichend investitionsfähig waren. Das RWI schätzt, dass bis 2020 der Anteil der Krankenhäuser mit erhöhter Insolvenzgefahr deutlich von 16 auf über 30 Prozent steigen wird, ein Ausscheiden von bis zu 13 Prozent der Häuser aus dem Markt wäre möglich. Aus unserer Sicht sollten Krankenhäuser dieser Entwicklung weiter aktiv entgegenwirken und beispielsweise Maßnahmen zur Produktivitäts- und Effizienzsteigerung einleiten, um ihre Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Eine Möglichkeit dafür wäre der Einsatz eines digitalen Dokumenten- bzw. Content-Management-Systems für eine ganzheitliche Unterstützung der Arbeitsprozesse.

Intersektorale Versorgung unterstützen

Teilweise verantwortlich für die schlechte finanzielle Lage der Krankenhäuser ist laut Einschätzung des RWI die in vielen Regionen ungünstige, historisch gewachsene Versorgungsstruktur mit einer zu hohen bzw. ungleichmäßig verteilten Krankenhausdichte, zu wenig Spezialisierung und zu vielen kleinen Einheiten. Um zukünftig eine flächendeckende medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherstellen zu können, müsse der Fokus auf eine erreichbarkeitsorientierte Versorgungsplanung verschoben werden. Diese solle sich vor allem an den zu erwartenden demografischen, epidemiologischen und technologischen Entwicklungen ausrichten und perspektivisch eine sektorenübergreifende Orientierung anstreben, so die Empfehlung des RWI.

Eine effektive intersektorale Patientenversorgung ist allerdings unserer Meinung nach nur möglich, wenn alle an der Behandlung Beteiligten digital auf benötigte Patientendaten zugreifen können. Krankenhäuser könnten bereits heute darauf hinarbeiten, indem sie in ein unabhängiges Archiv investieren, welches auf Basis offener Standards wie IHE mit externen Leistungserbringern Informationen austauschen kann. Die Zusammenarbeit mit externen Fachkräften könnte beispielsweise auch den Mangel an qualifiziertem medizinischem Personal insbesondere in ländlichen Gebieten etwas abfedern.

Leistungsqualität fokussieren

Ein weiterer wichtiger Aspekt in der zukünftigen Krankenhausplanung ist laut RWI die Aufnahme des Kriteriums „Qualität“ in die Versorgungsplanung mit entsprechend einheitlichen Standards. Die medizinische Qualität sei für Patienten heute häufig ausschlaggebend für die Wahl eines Krankenhauses. Dieser subjektive Bedarf (med. Qualität, Komfortmerkmale, Renommee oder Erreichbarkeit) solle daher neben dem objektiven Bedarf (Vermeidung von Fehlversorgung) entsprechend berücksichtigt werden. Bei Nichterfüllung der Qualitätsstandards fordert das RWI den Ausschluss des jeweiligen Leistungsbereiches vom Versorgungsauftrag.

Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Krankenhäuser die Leistungsqualität und deren Messbarkeit weiter fokussieren sollten. Im Vordergrund stehen dabei laut RWI grundsätzlich die Indikationsqualität (Wird das Richtige getan?) und die Ergebnisqualität (Wird das richtige Ergebnis erzielt?). Langfristig müsse eine ausreichende Transparenz über die erbrachte Ergebnis‐ und Indikationsqualität von Krankenhausleistungen geschaffen werden, um einen funktionierenden Qualitätswettbewerb zu ermöglichen. Da beide schwer messbar sind, könnten stellvertretend zunächst die Strukturqualität (Sind die Rahmenbedingungen richtig?) und die Prozessqualität (Wird die Leistung richtig erbracht?) einbezogen werden.

Grund-, Schwerpunkt- und Notfallversorgung abgrenzen

Eine Krankenhausplanung 2.0 sollte für alle Bürger die gleiche Qualität einer bedarfsgerechten Versorgung gewährleisten. Dazu müsstendem RWI zufolge vor allem allgemeingültige Erreichbarkeitsstandards differenziert nach der Versorgungsstufe definiert werden. Auf Seiten der Krankenhäuser erfordert das also zukünftig eine klare Abgrenzung zwischen den Basisleistungen der Grund- und Regelversorgung sowie den Spezialleistungen der Schwerpunkt- und Maximalversorgung. Die Notfallversorgung müsse insgesamt einheitlich definiert und neu ausgerichtet werden. Die Teilnahme der Krankenhäuser an der Notfallversorgung könne durch verbindliche Strukturanforderungen geklärt werden. Zur systematischen Erfassung von Notfallbehandlungen und deren kostendeckende Vergütung empfiehlt das RWI das Notfallkriterium als Zusatzkennzeichen in die DRG‐Systematik aufzunehmen.

Daten einheitlich erfassen

Eine Ausrichtung der Krankenhausplanung am zu erwartenden Bedarf sowie ein systematisches Versorgungsmonitoring sind nach Ansicht des RWI nur mit der Schaffung einer einheitlichen Datengrundlage möglich. Krankenhäuser müssen demnach zukünftig damit rechnen, bestimmte Leistungs- und Qualitätsdaten nach bundesweit einheitlichen Kriterien zu erheben und an eine zentrale Datenbasis zur Auswertung zu übermitteln. Mit dem Fokus auf die qualitative Fehlversorgung sowie die Unter- und Überversorgung hoffe man Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Fazit

Das vorliegende Gutachten macht deutlich, dass Änderungen in der Krankenhausplanung dringend notwendig sind. Ob bzw. welche Empfehlungen des RWI letztendlich umgesetzt werden, bleibt natürlich abzuwarten. Die Tendenz der Entwicklung ist jedoch unbestritten. Unsere Empfehlung an Krankenhäuser ist daher, frühzeitig die richtigen Weichen zu stellen, um sich einen Vorsprung zu sichern. Zentrale Aspekte dabei sollten die Produktivitäts- und Effizienzsteigerung, die Unterstützung der Intersektoralen Versorgung, die Erfassung der Ergebnis- und Indikationsqualität, die Abgrenzung der Basis-, Spezial- und Notfallleistungen voneinander sowie eine einheitliche Datenerhebung zu Auswertungszwecken sein.

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Das NEXUS / MARABU Redaktionsteam besteht aus Mitarbeitern verschiedener Fachabteilungen, die ihren Erfahrungsschatz sowie interessante News und Links zu Branchenthemen abwechselnd in unserem Magazin veröffentlichen.

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