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Thomas Lichtenberg

Externe IHE-Archivierung von Patientenakten in der "Cloud"

Für den Austausch von Dokumenten zwischen Kliniken und externen Dienstleistern, die bei der Archivierung unterstützen, fehlt bis heute jeglicher Standard. Dabei kann auch dieser Prozess durch den Einsatz standardisierter Techniken effizienter, transparenter und unabhängig gestaltet werden. Ein Lösungsszenario basierend auf IHE-Profilen möchten wir Ihnen in diesem Artikel vorstellen.

Am Anfang der Überlegung stand eine komplexe Anwenderanforderung: Die Übertragung der Verantwortung zur Archivierung an einen dafür spezialisierten Dienstleister. Das umfasst das späte Digitalisieren von Papierbelegen, die Langzeitaufbewahrung von im Krankenhaus entstandenen Dokumenten und letztendlich auch die Schaffung eines Backup-Archivs. Am Ende stand ein Konzept, wie der Prozess der externen Archivierung herstellerneutral mit Hilfe von IHE-Profilen umgesetzt werden könnte.

Vorüberlegungen

Auf der Basis unseres Enterprise-Content-Management-Systems PEGASOS und bestehender Kommunikationsmethoden setzen wir die reale Anforderung (usecase) konsequent mit IHE-Profilen um. Die Grundidee ist dabei, die Gesamtlösung durch zwei miteinander kommunizierende Affinity-Domains umzusetzen: Eine Domain wird räumlich im Bereich des Krankenhauses oder einer anderen Gesundheitseinrichtung betrieben, die zweite beim Archivdienstleister. Beide Domains gehören rechtlich dem Krankenhaus, können jedoch, dem IHE-Gedanken folgend, von unterschiedlichen Herstellern stammen.

Neben der Planung der XDS-Affinity-Domains und der Definition einheitlicher Value Sets sind für die Umsetzung eine Reihe von IHE-Profilen erforderlich, um die domainübergreifende Kommunikation transparent und standardkonform umzusetzen. Am Anfang stehen jedoch vor allem organisatorische Überlegungen. Es müssen unter anderem:

  • Metadaten von Dokumenten definiert werden,
  • Kommunikationsteilnehmer identifiziert werden,
  • Zugriffsrechte konfiguriert und geprüft werden,
  • Patientenzustimmungen dokumentiert sein.

Affinity-Domain im Krankenhaus

Um mit dem Archivierungs-Dienstleister auf IHE-Basis kommunizieren zu können, muss das Krankenhaus IHE-konform Dokumente senden und empfangen können. Dazu wird mit Hilfe unseres ECM-Systems eine IHE-Affinity-Domain aufgebaut. PEGASOS übernimmt dabei auch die Aufgabe, die Dokumente aus klassischen Quellen wie dem KIS für einen IHE-konformen Austausch aufzubereiten, d.h. bestehende Kommunikationsstrukturen werden „IHE-enabled“. Die Anreicherung der erforderlichen XDS-Metadaten für Dokumente unterstützt unser Archivsystem auf mehreren Ebenen.

Allein durch den Aufbau dieser internen Affinity-Domain profitiert das Krankenhaus von einem standardisierten Datenbestand mit völliger Datenhoheit. So können neue XDS-Consumer wie eine mobile App einfach eingebunden werden und standardisiert auf den gesamten Inhalt des IHE-Repository zugreifen.

Zweite Affinity-Domain beim Dienstleister

Für die „externe IHE-Archivierung in der Cloud“ haben wir nach geeigneten Profilen für den domainübergreifenden Dokumentaustausch gesucht. Die inhaltliche Anforderung dabei ist nicht ganz neu und ähnelt in Vielem der „Elektronischen Fallakte EFA2.0“. Mit Hilfe eines hausspezifisch zu definierenden Regelwerks und zusätzlicher IHE-Profile werden im Haus erstellte Dokumente an die Domain des Dienstleisters geleitet oder vom Dienstleister gescannte Dokumente von dort abgeholt.

Der konsequente Einsatz verschiedener IHE-Profile ermöglicht nicht nur den beidseitigen und standardisierten Austausch von Dokumenten sondern bietet bei Bedarf sogar ein Backup der bestehenden Infrastruktur und Daten vom Krankenhaus bei einem Dienstleister. Denn die Affinity Domain im externen Rechenzentrum kann bei einem Ausfall lokaler Krankenhauskomponenten bei Berücksichtigung entsprechender Sicherheitsanforderungen direkt abgefragt werden.

Die vom Archivdienstleister gescannten Dokumente werden direkt in die Archivdomain eingespeist und können aktiv oder on-demand an die Krankenhaus-Domain übermittelt werden.

Ihre Vorteile

Trotz einiger praktischer Herausforderungen, die im jeweiligen Projekt besprochen werden müssen, ergeben sich durch das beschriebene Anwendungsszenario weitreichende Vorteile:

  • Aufbau einer revisionssicheren Archivierung
    • Etablierte/zertifizierte Prozesse und Verfahren beim Dienstleister
    • Keine Migration etc. während Retention durch das Krankenhaus
  • Reduzierung der Archivkosten
    • Weniger Bedarf an lokalem (Standard-)Speicherplatz
    • Übertragung der Archivierungs-DL an einen externen Partner
    • Schaffung eines externen Ausfallsystems
  • Hoher Grad an Standardisierung
    • Portabilität der Lösung zwischen Anbietern
    • Reduzierung der Abhängigkeit von einzelnen Anbietern

Schwachstellen der Plattformneutralität

Das gesamte Verfahren wird aktuell mit verschiedenen Kunden evaluiert. Schon die Projektierung zeigt, dass IHE umfassende Potenziale hat, bisher projektspezifisch gelöste Anforderungen abzubilden. Nähere Betrachtungen decken jedoch auch einige Schwachstellen auf. Eine konsequent IHE-konforme Umsetzung kann in der Komplexität herstellerspezifische Lösungen übersteigen. Auch sind Zusatzfunktionen denkbar, die bestehende Standards aktuell noch optimal abdecken, die aber in IHE-Profilen eventuell noch nicht berücksichtigt sind. Hier muss individuell für jedes Krankenhaus abgewogen werden, in welchem Verhältnis die Aufwände zum kurz- und langfristigen Nutzen der Plattformneutralität stehen.

Weitere Informationen

Marabu legt in allen neuen Archivprojekten ab 2017 bereits den Grundstein für eine einfache spätere „IHE-Aktivierung“. Bestehende ECM-Installationen können durch Erweiterungen und Konfigurationsanpassungen für den Anschluss oder als Kern einer IHE-XDS-Installation vorbereitet werden.

Hier erfahren Sie mehr über unsere PEGASOS IHE-Lösungen.

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Thomas Lichtenberg

Über den Autor

Thomas Lichtenberg ist Geschäftsführer des ECM-Lösungsanbieters NEXUS / MARABU GmbH und Experte für die organisatorische und technologische Umsetzung von dokumentenbasierten Prozessmanagementsystemen in Gesundheitseinrichtungen.

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