Miriam-Mirza
„Bisher zeigt die Selbstverwaltung der Krankenkassen und kassenärztlichen Vereinigung zu wenig Interesse an IHE“
1. Welche Vorteile bietet ein IHE-konformer Datenaustausch?
Ich würde hier nicht alleine von IHE-konformem Datenaustausch sprechen. IHE stellt auch Anforderungen an das Verhalten der Systeme. Man sollte daher besser von IHE-konformen Anwendungssystemen sprechen.
Ein Anwendungssystem ist dann IHE-konform, wenn es vorgegebene Tests auf einem Connectathon erfolgreich absolviert hat. Damit steht fest, dass es in dieser Rolle problemlos mit anderen Anwendungssystemen interagieren kann. Der große Vorteil liegt darin, dass die Anwender einen Investitionsschutz haben, da sie nicht von einem oder wenigen Herstellern und deren Bereitschaft, eine geeignete Schnittstelle zu entwickeln, abhängig sind. Für Hersteller ist dies aber ebenso ein Vorteil, da sie nur eine Schnittstelle zur Verfügung stellen und testen müssen.
Anwender wie Hersteller profitieren darüber hinaus, dass die IHE-Integrationsprofile immer gemeinsam von Herstellern und Anwendern entwickelt wurden. Somit ist gesichert, dass die Spezifikationen zum einen die Bedürfnisse der Anwender erfüllen, zum anderen aber auch technisch umsetzbar sind. Die Existenz dieser Spezifikationen erleichtert Herstellern die Entwicklung und Anwendern die Ausschreibung von Anwendungssystemen. Die IHE-Konformität ist demnach auch ein Wettbewerbsvorteil für Softwarehersteller.
2. Welche technischen Voraussetzungen müssen dafür gegeben sein?
Die technischen Voraussetzungen hängen von dem jeweiligen Integrationsprofil und dem System ab. Diese sind in den sogenannten Technical Frameworks genau beschrieben. IHE greift dabei immer auf weit verbreitete Standards in den Nachrichten zurück. Beispielsweise wird HL7v2 in den Krankenhäusern bereits sehr häufig für den Datenaustausch verwendet und von IHE-Profilen wiederverwendet. In den letzten Jahren hat man den Fokus allerdings auf die Integration der Anwendungssysteme über Einrichtungsgrenzen hinweg erweitert. Hierfür werden vor allem HL7v3 oder OASIS/ebXML verwendet.
3. Wo liegen bei diesem Thema die größten Herausforderungen?
Die größten Herausforderungen bestehen darin, bei Anwendern wie Herstellern ein Bewusstsein zu entwickeln, welche Vorteile die Verwendung IHE-konformer Anwendungssysteme hat. Die Selbstverwaltung der Krankenkassen und kassenärztlichen Vereinigung hat in Deutschland bisher kein Interesse an IHE gezeigt, während in anderen Ländern IHE tief in den politischen Vorgaben verankert ist.
Darüber hinaus gibt es noch Bereiche innerhalb des Gesundheitswesens, in denen Integrationsprofile erst noch entwickelt werden müssen. Beispielsweise sind wir gerade damit beschäftigt, auf internationaler Ebene Integrationsprofile für einen Medikationsplan oder die elektronische Materialbeschaffung zu entwickeln.
4. Was muss man in Deutschland tun, um den IHE-konformen Datenaustausch voranzutreiben?
Die Bundesregierung hat mit dem Vorschlag für das neue eHealth-Gesetz schon einen Schritt in die richtige Richtung getan, in dem es den semantisch interoperablen Datenaustausch in Form von der Benutzung offener Standards unterstützen möchte. Aus unserer Sicht geht dieser Gesetzentwurf aber noch nicht weit genug. Es ist wichtig, dass dafür nicht neue Standards für die einzelnen Sektoren entwickelt werden, sondern vorhandene internationale Standards sinnvoll eingesetzt werden, da die erhobenen Daten sektorenübergreifend und zunehmend auch für internationale Forschungsvorhaben genutzt werden. Diesen Ansatz verfolgt auch IHE.
Andererseits müssen an manchen Stellen auch internationale Profile an die deutschen Bedürfnisse angepasst werden. Beispielsweise wurde dies gerade erfolgreich für das administrative Patientendatenverwaltungssystem (PAM) durchgeführt. Dort wurden die Vorgaben unseres deutschen DRG-Systems berücksichtigt.
5. Gibt es im Bereich der IHE-konformen Anwendungssysteme auch gewisse Trends? Wird beispielsweise der Austausch von Daten via IHE-konforme Apps künftig ein Thema sein?
Der Trend geht ganz klar in Richtung der Definition von Integrationsprofilen für Apps auf mobilen Endgeräten oder einfache browserbasierte Anwendungen. Beispielsweise gibt es bereits ein Profil dafür, wie man demographische Daten eines Patienten auf mobilen Endgeräten abrufen kann. Dieses Profil wird gerade versuchsweise implementiert. Integrationsprofile für mobile Endgeräte werden sicherlich zunehmend benötigt, damit beispielsweise der Hausarzt auch bei Hausbesuchen Zugriff zur elektronischen Patientenakte hat. Ein anderes Beispiel ist die Übermittlung von Messwerten von elektronischen Geräten der Patienten in die elektronische Patientenakte. Wir haben die Vision, einen nahtlosen und sicheren Zugang zu Gesundheitsinformationen an dem Ort und zu dem Zeitpunkt zu ermöglichen, wo er benötigt wird. Daher brauchen wir auch den Zugriff auf Informationen über Apps.
Weitere Informationen
Marabu präsentiert auf der conhIT sein IHE-konformes Archiv- und Dokumentenmanagementsystem. Besuchen Sie uns in Halle 2.2, Stand D-106.
Unsere Lösung stellen wir auch im Rahmen der Themenführung "Interoperabilität" am Dienstag, 17.04. ab 17 Uhr vor.

Über den Autor
Die Journalistin Miriam Mirza hat Germanistik und Anglistik studiert und arbeitet als Fachredakteurin für das Magazin E-HEALTH-COM.
